Ausstellungen

JÄGER UND GEJAGTE | Daniel Spoerri und Hara Walther

2015 ist ein Jubiläumsjahr für Daniel Spoerri, er feiert seinen 85. Geburtstag. Das Künstlerhaus Marktoberdorf zeigt auf 600 m² Ausstellungsfläche knapp 70 seiner Werke sowie die raumgreifende Installation „Alpha & Omega“. Diese Arbeit, mit Totenschädeln und Kinderstühlen aus aller Welt, wird erstmals in ihrem gesamten Umfang präsentiert.

Daniel Spoerri gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Objektkunst. 
Als Meister der Assemblage, Mitbegründer der Nouveaux Réalistes und Erfinder der „Eat Art“ schreibt er Kunstgeschichte und ist in den großen Museen der Welt vertreten.
Spoerri ist Sammler und „Jäger“, Flohmärkte sind sein Revier. Dort erbeutet er Knochen und Tierfelle sowie außergewöhnliche, oft einst alltägliche und heute in Vergessenheit geratene Gegenstände, die er in seinen Arbeiten zu neuem Leben erweckt. In Spoerris jüngster Serie werden alte Waschbretter zur Bildfläche für seine Kompositionen. Schädelknochen und Vogelschnäbel sowie Teile von Puppen und Alltagsobjekten fügt er auf den „Waschrumpeln“ zu unerwarteten Konstellationen und geheimnisvollen Fantasiewesen zusammen. Figuren, die an archaische Fetische erinnern, spielen mit den Urängsten des Betrachters. Gleichzeitig verleiht Spoerri ihnen eine humorvolle Ebene durch Geschichten, die er mit einem Augenzwinkern erzählt. 

Der Titel „Jäger und Gejagte“ bezieht sich nicht allein auf die Jagd im herkömmlichen Sinne. Auch der Mensch – im engeren Sinne der Künstler – zählt zu den Gejagten. Seine Jäger sind die Zeit und die Vergänglichkeit. Zuflucht und Trost vor der Unumgänglichkeit des Todes sucht der „Gejagte“ seit Urzeiten im Glauben, Aberglauben oder der Magie. Einige der Werke Spoerris verarbeiten Fetische aus Afrika oder sind diesen nachempfunden. Das „Memento Mori“ ist ein immer wiederkehrendes Motiv der Ausstellung. In der Installation "Alpha & Omega" kombiniert Spoerri beispielsweise Kinderstühlchen mit Totenschädeln. Auch werden einige von Spoerris berühmten Fallenbildern gezeigt, mit denen die Zeit wie in einer Falle zum Stillstand gebracht wird.

Einen Großteil des tierischen „Jagdmaterials“ wie Vogelköpfe und Krähenfüße erhält Spoerri seit Jahren von der in Stötten lebenden Künstlerin Hara Walther und ihrem Falkenweib Sizilia. 
Im Sommer 2014 besuchten Daniel Spoerri und Hara Walther erstmals das Marktoberdorfer Künstlerhaus. Die Faszination, die der kubische Backsteinbau des Schweizer Architektenduos Bearth und Deplazes auf sie ausübte, war der Auslöser für die Idee einer eigens für das Museum konzipierten gemeinsamen Ausstellung. So kompromisslos wie die Architektur des Künstlerhauses sind auch die Arbeiten der beiden Künstler.

Hara Walther ist Künstlerin und Falknerin. Inspiriert von den Texten Friedrich II., der die Falknerei als die höchste aller Künste betitelte, findet sie 2008 zu der Arbeit mit Greifvögeln. Seither bilden Kunst und Falknerei in ihrem Leben und Werk eine untrennbare Einheit. Ihre gefiederte Gefährtin Sizilia ist nicht nur die Zubringerin für Spoerris Objekte, auch Hara Walther verarbeitet die Knochen und Federn zu Trophäenbildern und Skulpturen. So wird der Falke zum Mittelpunkt ihres künstlerischen Schaffens. 2013 wurde Hara Walther von Spoerri als Künstlerin in seinen Skulpturengarten „Il Giardino“ eingeladen. Dort entstand ein Buch zur Ausbildung junger Falknerinnen. Ausgewählte Blätter dieses im kommenden Jahr erscheinenden Künstlerbuches werden erstmals im Künstlerhaus ausgestellt.
Daniel Spoerri und Hara Walther verbindet eine fantasievolle Verrücktheit, die sich in der Fähigkeit äußert, tiefere Dimensionen im scheinbar Alltäglichen zu entdecken und in ihren Kunstwerken zu offenbaren.