Ausstellungen

"Bild und Ton" - Florian Süssmayr, Martin Fengel, Martin Wöhrl, Zsolt Zrinyi

12. März 2022 bis 29. Mai 2022

 

Der Titel „Bild und Ton“ bezeichnet in erster Linie das Material. Die vier arbeiten in unterschiedlichen künstlerischen Gattungen, so steht in der Ausstellung Malerei neben Fotografie, dazu Bildhauerei in unterschiedlichen Materialien, vor allem in Ton und Beton.   

Thematisch stehen sich die Arbeiten von Florian Süssmayr und Martin Fengel nahe, die sich beide des Belanglosen, Vergessenen und Abgründigen annehmen. Eine gewisse Tristesse steht neben nonchalanter Schlampigkeit und trifft in Martin Wöhrls Arbeiten auf präzises Handwerk. Aus Unbeachtetem und Weggeworfenem wie billigem Pressspan oder Holzabfällen macht er strahlende Gloriolen, die wandhoch das Künstlerhaus zieren. Zsolt Zrinyi geht mit seinen expressiven Keramikfiguren erstmalig an die Öffentlichkeit, von seinem Freund Florian Süssmayr motiviert, der seine unermüdliche über dreißig Jahre währende kreative Schaffensfreude seit Langem schätzt.   
In „Bild und Ton“ entspinnt sich ein spannendes Wechselspiel zwischen Alltäglichem und Kunsthistorischem, Altbewährtem und Neuem.  

Alle vier Künstler nutzen die Gelegenheit dieser Gemeinschaftsausstellung auf 1.200 qm Ausstellungsfläche, um auch neu entstandene Arbeiten zu zeigen. Eine formale, museale Präsentation im Neubau steht der intimeren Atmosphäre im kleinen Altbau gegenüber. Die spezielle Eigenheit des Künstlerhauses, die Symbiose von historischem Haus, in dem sich Leben abgespielt hat und formalem Architekten-Museumsneubau, wird durch die Werke akzentuiert. 

  

 "Bild und Ton“ - Florian Süssmayr, Martin Fengel, Martin Wöhrl, Zsolt Zrinyi wird von der Franz Schmid Stiftung Marktoberdorf finanziert. 

 

 

 

 

Florian Süssmayr

zeigt in seinen Gemälden Orte der sozialen Verwahrlosung, Straßenszenen, Kneipeninterieurs, leere Tische oder Spuren von exzessivem Verhalten. Über Motive von Kachelwänden und Kritzeleien legen sich „Selbstportrait“ benannte Schatten und Silhouetten, die den Maler als Zeugen seiner eigenen Bildwelt auftauchen lassen.Seine Bilder erscheinen flüchtig wie verblichene Fotografien aus vergangenen Zeiten – gekonnt à la Sfumato gemalt. So kennen und lieben wir Süssmayrs Bilder, seitdem er 2005 große Einzelausstellungen im Haus der Kunst und in der Galerie Rüdiger Schöttle hatte und sofort als neuer Shooting Star der Kunstszene gehandelt wurde. Seine Malerei spricht direkt emotional an. Durch ihre fast barocke Anmutung vergisst man beinahe, dass er oft krasse Alltags-Szenen der Großstadt abbildet. Süssmayrs aktuelle Werkserie der „Simple Paintings“, die im Künstlerhaus erstmals öffentlich ausgestellt wird, zeigt sich härter, aus dem Sfumato wird kühles Schwarz-Weiß, die Themen politisch, die oft besprochene Melancholie seiner Malerei macht einer gewissen Radikalität Platz.

Florian Süssmayr | Simple Paintings (Hooligans) | 2021 | Foto: Florian Süssmayr | © Florian Süssmayr | Simple Paintings (Hooligans) | 2021 | Foto: Florian Süssmayr

Martin Fengel

Jeder kennt Martin Fengels Fotografien, ist sich dessen aber gar nicht bewusst. Sie kommen unscheinbar daher und lenken den Blick auf Gegen-stände und Situationen, die sonst keine Aufmerksamkeit bekommen hätten. Fengel nimmt uns mit auf seine Reise in die Welt, vorbei an beschmierten Hauswänden und zugigen Hausecken hin zu Plastikeimern, Schokoladenbrunnen, zweifarbigen Socken und dreibeinigen Tieren. Er öffnet den Blick für absurde Situationen: „Ich mache ja nichts, außer dass ich zeige, was da ist.“ (Martin Fengel im Gespräch mit Maya Heckelmann im Dezember 2021) Fengel geht es nicht um die Suche nach dem einen perfekten Moment, den der Fotograf mit seiner Kamera festhalten muss. Es geht ihm um die Beschäftigung mit Fotografie an sich, was sie kann und was nicht, und um ihre Beziehung zur Realität. Wie verändert sich unsere Wahrnehmung, wie sehen Erwartungen gegenüber Fotografien aus und wie lehrreiche Enttäu-schungen? Er hält unspektakuläre Bilder fest, flüchtige Augenblicke des Alltags und irritiert durch seine Motivauswahl, besondere Blickwinkel oder Diskrepanzen und lässt den Betrachter nicht selten fragend zurück. Weiter geht die Reise – Bild um Bild...

Martin Fengel |Tür | 2021 | Foto: Martin Fengel | © Martin Fengel |Tür | 2021 | Foto: Martin Fengel

Martin Wöhrl

Die Skulpturen von Martin Wöhrl sind inspiriert von Dingen, die ihn im Alltag umgeben, die er bei Stadtspaziergängen oder in seiner unmittelbaren Umgebung entdeckt und in veränderter Form in seinen Skulpturenkanon einfließen lässt. Sowohl Alltagsgegenstände als auch Kunst- und Architekturhistorisches verwandeln sich bei ihm in etwas ganz Neues, indem er Material und Größe verändert oder neue Bezüge herstellt. Seine Betonskulpturen sind allesamt gegossene Nachbauten handwerklich interessanter architektonischer Fundstücke. Wöhrls Holzarbeiten entstehen meist aus Holzabfällen, die Weiterverwendung des Materials gehört bei ihm zum Konzept. Als Bildhauer analysiert er die Dingwelt mit ihren Traditionen und ihrem ursprünglichen Kontext und setzt sie verändert als künstlerische Interpretation ins Hier und Jetzt – ironische Titel inbegriffen „So viel Schönheit, so viel Freude, auch für uns Menschen von heute.“ (Katalogtitel, Nürnberg, 2010) Formal beschäftigt Wöhrl sich immer wieder mit der geometrischen Strenge Konkreter Kunst mit ihrer schlichten Farbgebung und klassischen Komposition.

Martin Wöhrl |  cantina sociale | 2012 | Foto: Anette Kradisch | © Martin Wöhrl |  cantina sociale | 2012 | Foto: Anette Kradisch

Zsolt Zrinyi

arbeitet seit vielen Jahren intensiv mit dem Material Ton. Entstanden ist eine Welt skurriler Gestalten, mal antropomorph, dann wieder der Tier- und Pflanzenwelt entsprungen. Seine meist in monochromer, jedoch intensiver Farbigkeit gehaltenen Keramik-Skulpturen sind teils figurative, meist jedoch abstrakte Formationen. Pflanzenartige Gewächse, die mit ihren Schlingen und Schlaufen ins Unermessliche zu wachsen scheinen, aber als Schlusspunkt erhalten die expressivabstrakten Gebilde jeweils einen minimalistisch angedeuteten Kopf. „Der Kopf als Sinnbild des Geistes – und zugleich ein Ort, an dem wohl die Seele am ehesten zu lokalisieren ist – verbirgt hinter dieser körperlichen Fassade das nicht Greifbare und Unergründliche, das uns im hiesigen Dasein gefangen hält,“ erklärt Zrinyi.So ist der Kopf eines der Hauptmotive von Zrinyis Keramikarbeiten. Seine über viele Jahre verfolgte Werkserie „Headlines“ zeigt durchweg körperlose Köpfe, u.a. mit Stacheln bewehrt, die die Verbindung von Körper und Geist oder auch deren Fehlen zum Thema machen.

Zsolt Zrinyi | Breit | 2016 | Foto: Nikolaus Steglich | © Zsolt Zrinyi | Breit | 2016 | Foto: Nikolaus Steglich